20 Minuten: Ferien: Tollwutgefahr: Ein Biss einer Strassenkatze kann ein Notfall sein

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Publiziert: 25. Juni 2025

Nur schnell das Strassenbüsi oder den Strassenhund in den Ferien streicheln und füttern: keine gute Idee. Eine Ärztin und eine Tierschutzexpertin zeigen die Risiken für Mensch und Tier auf.

Sie sind herzig, laufen einem oft nach und betteln mit grossen Augen nach Futter oder Aufmerksamkeit: Strassenhunde oder -katzen in den Ferien. Doch die süssen Fellknäuel können gefährlich sein: Erst Mitte Juni verstarb eine Britin nach einem Kratzer von einem streunenden Welpen in Marokko – mutmasslich an Tollwut.

Wie wird Tollwut übertragen?

Tollwut ist eine durch Viren verursachte Infektionskrankheit, die das Gehirn und das Nervensystem befällt. Doch nur, weil man einmal einen Strassenhund streichelt, heisst das nicht, dass man sich die potenziell tödliche Krankheit gleich einfängt. «Tollwut wird durch den Speichel von infizierten Säugetieren übertragen. Dazu muss die Haut verletzt sein – sei es durch Bisse oder Kratzer. Erst dann kann es zu einer Ansteckung kommen», erklärt Dr. med. Danielle Gyurech von der Travel Clinic Zürich.

Wird man tatsächlich gekratzt oder gebissen und befindet sich in einem Tollwut-Risikogebiet, muss man handeln. «In einem Risikogebiet wie Indonesien ist ein Biss oder ein Kratzer ein Notfall», so Gyurech. «In diesem Fall soll die Wunde gut mit Seifenwasser ausgewaschen werden, denn die Seife macht die Viren unschädlich.»

Wie brisant eine solche Situation ist, macht Dr. med. Danielle Gyurech mit folgenden Worten klar: «Bei Verdacht auf Tollwut muss alles stehen und liegen gelassen und die Reise dem Notfall angepasst werden». Je nach Region in der Welt könne die Suche nach einer Behandlung anstrengend oder gar unmöglich sein und ist gelegentlich auch sehr teuer.

Über die Expertin

Dr. med. Danielle Gyurech ist Ärztin bei der Travel Clinic Zürich. Sie führt seit 1995 gemeinsam mit PD Dr. med. Julian Schilling die reisemedizinische, tropenmedizinische und allgemeinmedizinische Travel Clinic in Zürich.

Tollwut-Verdacht: Wie muss man bei einem Biss oder Kratzer vorgehen?

Wer nicht gegen Tollwut geimpft sei, solle sich so schnell wie möglich Antikörper spritzen lassen. «Mit einer Impfserie muss am gleichen, dritten, siebten und vierzehnten Tag begonnen werden, um die Antikörperproduktion sofort zu stimulieren», erklärt die Ärztin.

Bei bereits gegen Tollwut geimpften Personen reichen zur Sicherheit zwei Auffrischimpfungen. Umso besser sei es, wenn sich die Person bereits vor der Abreise für eine Auffrischimpfung entschieden habe. «Das entschärft die Situation nochmals massiv», so Gyurech. Denn wichtig zu wissen: «Tollwutimpfstoffe von glaubhafter Qualität sind vor Ort oft gar nicht so einfach und überall erhältlich.»

Auch andere Krankheiten lauern

Durch Tierkontakt mit ungepflegten Tieren können nicht nur Tollwut, sondern auch andere Krankheiten übertragen werden. Unter anderem Pilz-Infektionen, die unangenehme, langwierige Haut-Ausschläge verursachen. Oder bakterielle Erreger, die sowohl zu Hautinfektionen als auch zu Magen-Darm-Infektionen führen können. Strassentiere sind zudem häufig Träger von Einzeller-Parasiten oder Würmern, die auch beim Menschen Beschwerden machen können. In der Regel haben diese Tiere auch Läuse und Flöhe, die übertragen werden können.

Soll man sich vor den Ferien gegen Tollwut impfen?

«Besonders sinnvoll ist die vorsorgliche Impfung für Destinationen, wo die Tollwut bei Tieren auftritt und die medizinische Versorgung unzuverlässig oder schlecht ist», rät die Ärztin. Vor allem zu empfehlen sei sie für Langzeitreisende, bei Reisen in sehr abgelegene Gebiete, bei Velo- oder Töff-Reisen oder Personen, die mit Säugetieren arbeiten. «Wer gewöhnliche Badeferien oder einen Städtetrip macht und sich den Risiken im Umgang mit Strassentieren bewusst ist, benötigt keine vorsorgliche Tollwutimpfung.»