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thumbnail of Dr. Travel Dengue Herbst 24Michi bereist nach seiner Pensionierung im Mai und Juni Südostasien. Seine letzten Stationen sind Malakka und Kuala Lumpur in Malaysia. Drei Tage vor der Rückreise wird er im Hotel ohnmächtig. Als er wieder bei Bewusstsein ist, leidet er an Schweissausbrüchen, Gliederschmerzen und Schwindel. Auch ist er extrem müde, hat aber kein Fieber. Fünf Tage später ist Michi wieder zu Hause in der Schweiz. Er geht zum Hausarzt, doch der findet nichts und vermutet einen grippalen Infekt. Michi ist aber noch immer sehr müde und die Gliederschmerzen dauern an. Dann kommt er zu uns in die Praxis. Nach einer Blutprobe stelle ich atypisches Denguefieber des Typs 1 mit sehr hohen Antikörperwerten fest. Angesteckt hat er sich am ehesten in Malakka, weil die Zeit zwischen Infektion und Auftreten der ersten Symptome in der Regel etwa vier bis sieben Tage beträgt.

Denguefieber ist eine virale Erkrankung, die durch infizierte, meist tagaktive Mücken verbreitet wird. Es gibt vier verschiedene Varianten des Virus. Zu den Symptomen zählen Fieber, Kopfschmerzen- Muskel- und Gelenkschmerzen und Hautausschlag. Im Verlauf können Störungen der Blutgerinnung auftreten. Anzeichen sind kleine, punktförmige Blutungen auf der Haut. Bisher wird vermutet, dass insbesondere bei Zweitinfekten vermehrt Blutgerinnungsstörungen bis zu Organversagen auftreten können. Bei Dengue dürfen keine Medikamente wie zum Beispiel Aspirin oder Ibuprofen verwendet werden, weil diese die Blutgerinnung beeinflussen können. Ich behandle also mit Paracetamol, weil dieses Medikament die Blutgerinnung nicht beeinträchtigt. Es ist also ratsam, als Schmerzmittel und Fiebersenker Paracetamol und nicht Aspirin oder Ibuprofen auf die Reise mitzunehmen. 14 Tage später geht es Michi besser. Ich kontrolliere die Blut- und die Leberwerte, die sich erholt haben. Michi hat Glück im Unglück. Er ist rasch wieder gesund geworden. Andere Dengue-Patienten leiden bis zu drei Monate.

Nur zwei Tage später sehe ich Beat in der Praxis. Er war zwei Wochen auf Bali. Nach zehn Tagen hatte er Fieber, Gliederschmerzen, Kopfweh und war sehr müde. Im Spital vor Ort wurde er mit einem Antibiotikum intravenös behandelt, was wir oft bei Reiserückkehrern sehen, was nicht geholfen hat. Auch bei ihm stelle ich eine Dengueinfektion, diesmal des Typs 3, fest. Auch er ist zum Glück drei Wochen später wieder ganz gesund.

Wieder nur einen Tag später kommt Mauro in die Praxis. Er war sechs Monate lang in Ghana und nahm über die gesamte Zeit Malariaprophylaxe. Nach etwa vier Monaten in Afrika begannen Herzschmerzen, Abgeschlagenheit und Hautausschläge. Mauro fühlt sich zwar jetzt wieder gut, will aber herausfinden, was das wohl gewesen ist. Und siehe da: Im Blut stelle ich Antikörper gegen das Denguevirus fest. Viren und damit den Typen kann ich nicht mehr nachweisen. Ich erachte es jedoch aufgrund den Antikörperwerten und den typischen Hautausschlägen als Dengue-Infekt.

Denguefieberfälle gibt es schon lange – aber drei Fälle in unserer Praxis in einer Woche habe ich noch nie erlebt. Die stark ansteigende Zahl von Fällen steht wohl im Zusammenhang mit den Klimaveränderungen und vermehrten Niederschlägen auch in der Trockenzeit. Auffallend ist, dass sich die Symptome recht unterschiedlich präsentieren, die Krankheitsdauer wie bei den drei beschriebenen Fällen eher kurz ist und in den einzelnen Regionen der Welt mehrere Typen des Virus gleichzeitig vorkommen.
Seit August dieses Jahres ist in der Schweiz ein Impfstoff gegen Dengue zugelassen. Die Impfung richtet sich gegen vier Typen des Virus. Gemäss Hersteller ist die Wirksamkeit je nach Typ unterschiedlich. Die Impfung wird nur Personen ab 4 Jahren empfohlen, die bereits eine Dengue-Infektion durchgemacht haben. Langzeitstudien zur Dauer der Wirksamkeit und zu Nebenwirkungen fehlen noch.

Bei einer derzeit angenommenen Wirksamkeit von 40 bis 70 Prozent könnte die Impfung in Endemiegebieten die Krankheitsfälle in der lokalen Bevölkerung nachhaltig senken. Für Reisende oder Expats würde ich die Impfung aufgrund der derzeit noch schwachen Datenlage nicht empfehlen. Zur Vorbeugung bleibt vorerst immer noch optimaler Mückenschutz, insbesondere am Tag.