Frederik ist 40 Jahre alt und Lehrer. Er hat ein Dienstaltersgeschenk erhalten und macht in den Sommermonaten eine zweimonatige USA-Rundreise im Camper. Seine Reise endet beim White-Sands-Nationalpark, genau dort wird er krank. Er leidet er unter grippeähnlichen Symptomen mit Husten. Drei Wochen später meldet er sich in der Praxis. Die Grippesymptome sind verschwunden, aber bellende Hustenattacken mit dickflüssigem Auswurf werden immer schlimmer. Ich mache einen Rachenabstrich und lass diesen im Labor mittels PCR auf Viren und Bakterien prüfen. Zwei Tage später steht die Diagnose fest: Frederik ist mit dem Bakterium Bordetella pertussis infiziert, dem Erreger des Keuchhustens. Die Bakterien produzieren Pertussis-Toxin. Dieses Gift verursacht die Hustenanfälle. Ich behandle mit einem geeigneten Antibiotikum. Dieses tötet zwar die Bakterien. Das Gift, das den Husten verursacht, bleibt aber noch einige Wochen im Körper. Darum hustet der Patient weiter.
Frederik hat als Baby Kombinationsimpfungen gegen Keuchhusten erhalten. Mit 11 Jahren und mit 22 Jahren im Militär bekam er Auffrischimpfungen. Dadurch entstehen Antikörper gegen das Pertussis-Toxin, also nicht gegen die Bakterien. Mit der Zeit nimmt die Konzentration dieser Antikörper ab. So ist man etwa 20 Jahre nach der letzten Auffrischimpfung nicht mehr zu 100 Prozent vor Keuchhusten geschützt. Auffrischimpfungen sind nur in Kombination mit Tetanus und Diphtherie und/oder Kinderlähmung erhältlich. Eine einzelne Impfung gegen Keuchhusten gibt es in der Schweiz nicht. Der Schweizer Impfplan sieht Auffrischimpfungen gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres alle 20 Jahre vor. Deshalb hat Frederik vor der Abreise vom Hausarzt auch keine Auffrischimpfung erhalten.
Seit Anfang 2024 erkranken generell wieder mehr Menschen an Keuchhusten. Dieser Anstieg werde europaweit beobachtet und betreffe alle Altersgruppen, heisst es. Da die Schutzwirkung der Kombinationsimpfung gegen Keuchhusten mit grosser Wahrscheinlichkeit weniger als 20 Jahre anhält, sollte sie früher erfolgen. Bei Reisenden empfehle ich, eine Auffrischimpfung in der Kombination Tetanus / Diphtherie / Kinderlähmung / Pertussis alle 10 Jahre zu machen. Bei einer Verletzung müsste auf Reisen 10 Jahre nach der letzten Tetanusimpfung eine Auffrischung gemacht werden. Dies ist je nach Reiseland nicht immer möglich. Mit diesem Schema kann ich jeweils gleichzeitig Keuchhusten und Kinderlähmung (Polio) auffrischen. Polio ist zwar in weiten Teilen der Welt ausgerottet, kommt jedoch in verschiedenen Regionen immer wieder vor. So zum Beispiel 2022 in den USA.
Auch gut zu wissen: Um Babys nach der Geburt vor Keuchhusten zu schützen, werden schwangere Frauen und wenn möglich die werdenden Väter unabhängig vom Zeitpunkt der letzten Auffrischung gegen Keuchhusten geimpft.
Und Frederik? Er erholt sich nur langsam. Der Husten ist jedoch nach fünf Monaten endlich vollständig verschwunden.