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globetrotter Sommer 2023
Reisemedizinerin Dr. Danielle Gyurech berichtet aus ihrem Praxisalltag
Last Minute

Florence und Heinrich haben sich online bei unserer Praxis für eine reisemedizinische Beratung mit Impfungen angemeldet. In der Konsultation stellt sich heraus, dass die beiden bereits kommende Woche eine halbjährige Weltreise antreten. Sie wollen zuerst nach Südostasien, danach von Indonesien aus nach Australien und Neuseeland, via Südsee nach Südamerika und zum Schluss nach Kuba in Mittelamerika.
Das Thema Malaria ist rasch geklärt, da Florence und Heinrich keine Hochrisikogebiete bereisen werden. Die Mitnahme einer Notfalltherapie in Tablettenform reicht aus. Mückenschutz mit einem Wirkstoffgehalt von 40 bis 50 Prozent und ein Mittel, um die Kleider mückensicher zu imprägnieren, gebe ich wegen der Dengue-Gefahr für die Zeit in Südostasien mit. In Australien gibt es dann Mückenschutzmittel mit genügend hohem Wirkstoffgehalt zu kaufen. Eine Reise ist auch eine gute Gelegenheit, seinen Impfschutz auf den neusten Stand zu bringen. Bei Florence und Heinrich wird es diesbezüglich anspruchsvoll. Unter Last Minute werden per Definition alle Reisen, deren Abreisetag innerhalb der nächsten zwei Wochen liegt, verstanden. Innerhalb dieser Zeit ist es mittels Kurzimpfschemen möglich, gegen fast alle impfbaren Krankheiten zumindest einen vorläufig genügenden Impfschutz aufzubauen. Selbst bei Abreisen innerhalb von 48 Stunden können wichtige Auffrischimpfungen gemacht werden. Bei Florence und Heinrich werden die Standardimpfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Polio und Pertussis für den Fall von Aufenthalten in medizinisch schlecht versorgten Gebieten aufgefrischt. Falls sich jemand verletzt, ist es an solchen Orten oft unmöglich, eine Auffrischdosis zu bekommen. Nach einer in der Schweiz üblichen Grundimmunisierung im Kindesalter ist eine Auffrischimpfung ab sofort für mindestens zehn Jahre gültig. Da die Impfung gegen Gelbfieber bei Grenzübertritten für manche Staaten in Südamerika obligatorisch ist, wird auch diese gemacht. Die wichtige Reiseimpfung gegen Hepatitis A kann ebenso bei beiden gemacht werden. Die zweite für den lebenslangen Schutz planen wir nach der Reise ein. Gegen Hepatitis B sind sowohl Florence wie auch Heinrich vorgeimpft. Da anzunehmen ist, dass das Paar auch Gebiete mit zweifelhaften hygienischen Verhältnissen bereist, geben wir die Schluckimpfungen gegen Typhus und Reisedurchfall. Auf die Impfung gegen Meningokokken-Meningitis verzichten wir, da die Reise nicht in entsprechenden Hochrisikogebieten stattfindet. Bei der Tollwutimpfung kann ich in der verbleibenden Zeit nur noch zwei Dosen verabreichen. Das ist besser als nichts. Die dritte Impfung kann später nachgeholt werden. Die Kinderimpfungen gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen sind mit zwei Dosen vollständig. Falls die Krankheiten noch nie durchgemacht oder geimpft wurden, wären sie jedoch sinnvoll. Die Impfung gegen die Frühsommer-Meningoencephalitis (FSME) ist zwar für die Reise nicht notwendig, kann aber auch gleich bei beiden aufgefrischt werden. Auf die Impfung gegen die Japanische Encephalitis verzichten wir, obwohl die Krankheit in ganz Südostasien vorkommt. Sie wäre beim längeren Besuch von Reisanbaugebieten während der Regenmonate empfohlen.
Mit zwei Terminen noch vor der Abreise können wir somit bei beiden einen genügenden Impfschutz aufbauen. All diese Impfungen können problemlos kombiniert verabreicht werden und führen, abgesehen vom vorübergehenden Schmerz bei der Einstichstelle nur äusserst selten zu unerwünschten Nebenwirkungen.
Beim zweiten Termin kontrolliere ich die vorhandene Reiseapotheke und ergänze sie mit einem Antibiotikum mit breitem Wirkungsspektrum, antibiotikahaltiger Wundsalbe, einer stark wirksamen Salbe gegen Juckreiz sowie je einer Einmaldosis gegen Blasenentzündung und Scheidenpilze für Florence. Ins Reisegepäck gehört auch ein Moskitonetz. Wir empfehlen viereckige Netze und nicht die zeltförmigen, weil durch senkrechte Seitenwände die Gefahr kleiner ist, dass man in der Nacht das Netz berührt und so durchs Netz gestochen wird. Um nicht täglich PET-Flaschen kaufen zu müssen, rate ich den beiden der Umwelt zuliebe zu einem Wasserfilter. Nun kann die Reise auch aus medizinischer Sicht losgehen.

 Dr. med. Danielle Gyurech (58) führt seit 1995 mit Dr. med. Julian Schilling die Travel Clinic in Zürich, eine Praxis für Reise- und Tropenmedizin. Danielle ist Mutter von zwei erwachsenen Söhnen und bereist selbst leidenschaftlich gern die Welt. In der Rubrik «Dr. Travel» schildert sie abwechselnd mit dem Rechtsberater Thomas Müller alias «Dr. Right» anonymisierte Fälle aus ihrem Berufsalltag. -> www.travelclinic.ch